Modellbildung, Simulation
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Formeln
Mathematisches Modell
Ein mathematisches Modell beschreibt das Zusammenspiel von einzelnen Komponenten eines komplexen Systems (aus der Natur), mit den Mitteln der Mathematik.
Zweck der Modellbildung (Regelungstechnik)
Das Modell ist dabei eine vereinfachte Darstellung des komplexen Systems. Bei der Modellbildung darf nur soweit vereinfacht werden, solange das Modell das System hinreichend genau repräsentiert.
Vorgehen bei der Modellbildung (Regelungstechnik)
Bei der Modellbildung klärt man zunächst ab, welche Größen und welche Zusammenhänge zur Beschreibung des komplexen Originalsystems überhaupt relevant sind. Zur Abbildung in ein mathematisches Modell beschreibt man die Zusammenhänge zwischen den Zustandsgrößen durch Gleichungen
Black Box (Regelungstechnik)
Um vom komplexen System (aus der Natur) zu einem Modell zu kommen, betrachtet man das komplexe System wie eine Black Box. Eine Black Box ist ein Objekt, von dem zunächst nur das Verhalten über definierte äußere Schnittstellen bekannt ist. Man hat also kein Wissen darüber, wie das Innere der Black Box aufgebaut ist.
Um ein Modell über das unbekannte Innere der Black Box und somit ein Modell für das komplexe System aufstellen zu können, verändert man gezielt den Input, also die Eingangsgrößen und beobachtet wie sich der Output, also die Ausgangsgrößen verändern und versucht dafür eine mathematische Funktion aufzustellen.
Durch Parametervariation prüft man, ob die Ausgangsgrößen des realen komplexen Systems genauso den veränderten Parametern der Eingangsgrößen folgen, wie dies der Output der Black Box bei entsprechenden Veränderungen des Inputs macht.
1. Schritt der Modellbildung
Zunächst werden nur die Ein- bzw. Ausgangsgrößen untersucht:
\(Input \to \boxed{BlackBox} \to Output\)
2. Schritt der Modellbildung
Dann wird versucht, die innere unbekannte Struktur zu modellieren:
\({\text{unabhängige Größe}} \to \boxed{Modell} \to {\text{abhängige Größe}}\)
Unabhängige Größe im Regelkreis
Unter der unabhängigen Größe, auch Stellgröße, im Sinne der Regelungstechnik, verstehen wir den erwünschten Wert am Ausgang vom Regelkreis. Aus dem Sollwert und dem vom Regelkreis-Ausgang rückgeführten Istwert wird durch Vergleich die Regelwertabweichung gebildet, die dem Regler mit der Absicht zugeführt wird, Übereinstimmung zwischen der Stellgröße und dem Istwert der Regelgröße herzustellen.
Abhängige Größe im Regelkreis
Unter der abhängigen Größe, auch Regelgröße, im Sinne der Regelungstechnik, verstehen wir das Ausgangssignal vom Regelkreis.
3. Schritt der Modellbildung
Letztlich versucht man einen mathematischen Zusammenhang zwischen der Änderung der Ausgangsgröße in Abhängigkeit von einer Änderung der Eingangsgröße herzustellen.
\(x \in {D_f} \to \boxed{y = f\left( x \right)} \to y \in {W_f}\)
Dabei unterscheidet man zwischen diskreten und kontinuierlichen Modellen.
Diskretes Modell (Ausdruck für Quantisierbarkeit)
In diskreten Modellen ändert sich der Anfangswert um ein bestimmtes Quantum oder ein ganzzahliges Vielfaches davon. Dieses Quantum hat dabei einen bestimmten Mindestwert. Dieser Mindestwert kann nicht beliebig klein werden, sondern es handelt sich um eine bestimmte Menge oder eine bestimmte Anzahl. Einen Zwischenwert (etwa die Hälfte) von diesem Mindestwert gibt es nicht.
t | f(x) |
0 | \({{y_0}}\) |
\({\Delta t}\) | \({{y_1}}\) |
\({2\Delta t}\) | \({{y_2}}\) |
Beispiele:
- Geldmünzen: Die kleinste Einheit die man mit Bargeld bezahlen kann ist 1 Cent. Einen halben Cent als Zwischenwert gibt es (als Bargeld) nicht
- Quantenphysik und das Standardmodell der Elementarteilchen sind Teilgebiete der Physik, die sich der Quantisierung widmen , dort gibt es Energie nur in bestimmten nicht weiter teilbaren Mengen
Kontinuierliches Modell (Ausdruck für Kontinuität)
In kontinuierlichen Modellen ändert sich der Anfangswert stetig. Änderungen (Zu- oder Abnahme) können beliebig klein sein. Zum Zeitpunkt t beträgt er yt = y(t). Differentialgleichungen eignen sich zur Beschreibung von kontinuierlichen Systemen.
Beispiel:
Die Gleichung einer Geraden. Für jedes (unabhängige) x gibt es ein (abhängiges) y=f(x).
Simulation zur Überprüfung des Modells
In der Simulation stellt man zuerst fest, wie sich die Ausgangsgrößen des Modells in Abhängigkeit von den Eingangsgrößen verhalten. Man analysiert das mathematische Modell hinsichtlich der Existenz und deren Eindeutigkeit von Lösungen. Im Falle von Abweichungen des Modellverhaltens während der Simulation vom Verhalten des realen komplexen Systems, sucht man nach Modellfehlern bzw. nach Datenfehlern.
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Wachstum
Unter Wachstum versteht man den Anstieg einer Messgröße im Verlauf der Zeit.
- Positivwachstum: Zunahme
- Negativwachstum: Abnahme, Zerfall oder Schrumpfung
- Nullwachstum: über den Zeitverlauf hinweg bleibt die Messgröße konstant
Wir unterscheiden folgende Wachstumsmodelle
- Lineare Wachstumsmodelle
- Exponentielle Wachstumsmodelle
- Beschränkte exponentielle Wachstumsmodelle
- Logistische Wachstumsmodelle
Lineare Wachstumsmodelle
Bei linearen Wachstumsmodellen kommt t in der Gleichung, die das Übertragungsverhalten beschreibt, nur in der 1. Potenz vor. In gleichen Zeitschritten, erfolgen gleiche absolute Änderungen. Die Wachstumsrate ist konstant. Wir unterscheiden diskrete und kontinuierliche Modelle
\(f\left( t \right) = kt + d\)
d | Anfangswert an der Stelle t=0 |
k | Wachstumswert |
Diskretes lineares Wachstumsmodell
Beim diskreten linearen Wachstumsmodell bleibt die absolute Änderung pro Schritt konstant.
\(\Delta {y_n} = {\text{k wobei: k}} \in {\Bbb R}\)
- Rekursive Form: \({y_{n + 1}} = {y_n} + k\)
- Explizite Form: \({y_n} = {y_0} + n \cdot k\)
Kontinuierliches lineares Wachstumsmodell
Beim kontinuierlichen linearen Wachstumsmodell ist die mittlere Änderungsrate konstant und unabhängig von jeweils aktuellen Wert.
\(\eqalign{ & \dfrac{{\Delta y}}{{\Delta t}} = k{\text{ mit }}k \in {\Bbb R} \cr & y\left( t \right) = {y_0} + k \cdot t \cr}\)
Exponentielle Wachstumsmodelle
Bei exponentiellen Wachstumsmodellen (gemäß Exponentialfunktionen) kommt t in der Gleichung, die das Übertragungsverhalten beschreibt, als Exponent (Hochzahl) vor. In (absolut) gleichgroßen Zeitschritten t, erfolgen relative (=prozentual) gleichgroße Änderungen des Funktionswerts N(t). Charakteristisch ist die am Anfang langsame, dann zunehmend schneller werdende Zunahme, die letztlich explosionsartig schnell wird (Kettenprozesse). Unbegrenzt exponentielles Wachstum kann es in der Natur nicht geben. Wir unterscheiden diskrete und kontinuierliche Modelle
- exponentielles Wachstum:
\(N(t) = {N_0} \cdot {e^{\lambda \cdot t}} = {N_0} \cdot {b^t}{\text{ mit }}\lambda {\text{ = ln}}\left( b \right)\)
- exponentielle Abnahme:
\(N(t) = {N_0} \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\)
mit
- N0 .. Startwert oder Anfangsbestand
- b ... Wachstumsfaktor
-
\(\lambda > 0\)
Diskretes exponentielles Wachstumsmodell
Beim diskreten exponentiellen Wachstumsmodell ist die relative Änderung pro Schritt konstant. Die Wachstumsrate ist proportional zum Bestand.
\(\dfrac{{\Delta {y_n}}}{{{y_n}}} = k{\text{ wobei: }}k \in {\Bbb R}\)
- Rekursive Form: \({y_{n + 1}} = \left( {1 + k} \right) \cdot {y_n}\)
- Explizite Form: \({y_n} = {y_0} \cdot {\left( {1 + k} \right)^n}\)
Kontinuierlich exponentielles Wachstumsmodell
Beim kontinuierlichen exponentiellen Wachstumsmodell ist die mittlere Änderungsrate proportional zum jeweils aktuellen Wert.
\(\eqalign{ & \dfrac{{\Delta y}}{{\Delta t}} = k \cdot y\left( t \right){\text{ mit }}k \in {\Bbb R} \cr & y\left( t \right) = {y_0} \cdot {\left( {1 + k} \right)^t} \cr}\)
Beschränkte exponentielle Wachstumsmodelle
Bei beschränkten Wachstumsmodellen gibt es einen das Wachstum beschränkenden Wert S, wodurch das Wachstum nach oben oder nach unten beschränkt wird. Es handelt sich um ein sogenanntes Sättigungsmodell. Die absolute Änderung je Schritt ist proportional dem jeweils verbleibenden Abstand zur endlichen Obergrenze. Charakteristisch ist die Anfangs explosionsartig, dann zunehmend langsamer werdende Zunahme, die letztlich völlig abklingt und einer endlichen Obergrenze zustrebt. Wir unterscheiden diskrete und kontinuierliche Modelle
- beschränktes exponentielles Wachstum:
\(N\left( t \right) = S - a \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\) - beschränktes exponentielle Abnahme:
\(N\left( t \right) = S + a \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}\)
mit:
- S ... Sättigungswert
- a=|S-N0|
Kontinuierlich beschränktes Wachstumsmodell
Beim kontinuierlich beschränkten Wachstumsmodell (z.B.: gemäß Logarithmusfunktionen) können bis zum Erreichen des Sättigungswertes alle Zwischenwerte auftreten
\(f\left( x \right) = S - \left( {S - k} \right){e^{ - cx}}\)
Als Maß für die Steigung dient die 1. Ableitung
\(f'\left( x \right) = c \cdot \left( {S - f\left( x \right)} \right)\)
wobei: k=f(0)
Diskret beschränktes Wachstumsmodell
Beim diskreten beschränkten Wachstumsmodell (z.B. Verkaufte Stückzahl von einem Produkt) können bis zum Erreichen des Sättigungswertes nur eine endliche Anzahl an diskreten Zwischenwerten auftreten.
mit S als Sättigungswert:
\(\Delta {y_n} = k \cdot \left( {S - {y_n}} \right)\)
- Rekursive Form: \({y_{n + 1}} = {y_n} + k\left( {S - {y_n}} \right)\)
- Explizite Form: \({y_n} = S - \left( {S - {y_0}} \right) \cdot {\left( {1 - k} \right)^n}\)
Logistische Wachstumsmodelle
Logistische Wachstumsmodelle sind eine Kombination aus exponentiellem und beschränktem Modell. Die absolute Änderung je Schritt ist proportional zum jeweiligen Wert N(t) und dem jeweils verbleibenden Abstand zur endlichen Obergrenze S.
Kontinuierlich logistisches Wachstumsmodell
Beim kontinuierlich logistischen Wachstumsmodell wächst der Bestand N(t) ausgehend von einem Startwert bzw. Anfangsbestand N0 zur Zeit t=0 zunächst exponentiell, wobei der s-förmige Graph dann einen Wendepunkt hat, ab dem sich das Wachstum abschwächst um sich einem Sättigungswert S anzunähern. Der Wendepunkt einer logistischen Wachstumsfunktion liegt immer beim halben Sättigungswert. Im Wendepunkt einer Funktion hat diese das größte Wachstum.
\(N\left( t \right) = \dfrac{{{N_0} \cdot S}}{{{N_0} + \left( {S - {N_0}} \right) \cdot {e^{ - S \cdot k \cdot t}}}} = \dfrac{S}{{1 + \left( {\dfrac{S}{{{N_0}}} - 1} \right) \cdot {e^{ - S \cdot k \cdot t}}}} = \dfrac{S}{{1 + c \cdot {e^{ - \lambda \cdot t}}}}\)
- N(t) ... Bestand zur Zeit t
- N0 ... Anfangsbestand, Bestand zur Zeit t=0, Startwert N(0)
- k ... Wachstumskonstante
- S ... Sättigungswert, -schranke, -grenze
Abbildung zur Veranschaulichung der Zusammenhänge bei logistischem Wachstum
Beispiel Grippe: Einige Touristen N0 bringen Grippeviren ins Land. Schnell infizieren sich immer mehr Menschen. Auf Grund von Immunisierung und dem Umstand dass die Wahrscheinlichkeit dass ein kranker Mensch einem noch gesunden Menschen begegnet mit Zunehmender Ausbreitung immer kleiner wird, bremst sich der Zuwachs zunehmend ein, sodass am Ende der Epidemie eine bestimmte Anzahl der Bevölkerung S angesteckt ist. Die maximale Anzahl an Grippekranken ist natürlich mit 100% der Bevölkerung nach oben begrenzt.
Diskretes logistisches Wachstumsmodell
Beim diskreten logistischen Wachstumsmodell ist die absolute Änderung je Schritt proportional zum jeweiligen Wert und dem jeweils verbleibenden Abstand zur endlichen Obergrenze.
\(\Delta {y_n} = k \cdot {y_n} \cdot \left( {S - {y_n}} \right)\)
Rekursive Form:
\({y_{n + 1}} = {y_n} + k \cdot {y_n} \cdot \left( {S - {y_n}} \right)\)